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weiterführendes DFG-Projekt
Der Medienwechsel Augenzeugen und Augenschein: "Neues" Raumbewusstsein und die kartographie-historische Entwicklung früher, handgezeichneter regionaler Karten in Hessen (1500-1575).
Laufzeit: Mai. 2016 - Sept. 2018; Leitung: Prof. Dr. Michael Rothmann (Hannover); Bearbeitung: Dr. Evelien Timpener
Während sich die Praxis der schriftlich fixierten Befragung von Augenzeugen bereits im 15. Jahrhundert abzeichnete, etablierten sich Augenschein-Karten als neues Medium bildlicher Repräsentation von Raum erst um 1500. Bezeichnete der Begriff Augenschein dabei anfangs noch einen Ortstermin, bei dem etwas in Augenschein genommen werden sollte, wurde diese Bezeichnung schnell zum Inbegriff für einen Kartentyp, dessen Absicht es war, einen solchen Termin gänzlich zu ersetzen. Die Karte erhielt somit den Namen dessen, was sie substituierte. Mit semantischer Treffsicherheit vermochten die Zeitgenossen somit eine Entwicklung zu beschreiben, die sich von der mündlichen Aussage eines Augenzeugen über deren textliche Fixierung hin zur bildlichen Darstellungsform Augenschein erstreckte. Gerade die Frühphase dieser Entwicklung (1500 bis 1575) ist von jenem Medienwechsel geprägt, der Augenscheine in noch unterschiedlichster Form und Funktion kennt: grobe Skizzen finden sich ebenso neben aufwendig kolorierte Ansichten, wie vermessene Grundrisse. Die Parallelität von Bild- und Textüberlieferung (Karte und Akte) bietet die Chance den Medienwechsel in all seinen Schattierungen zu analysieren.
Forschungen, die bislang Akten und Karten des 16. Jh. untersuchten, haben in der Regel eines gemein: Sie betrachten meist das Eine und vernachlässigen das (zugehörige) Andere. Bis heute wissen wir eher nur für Einzelbeispiele Konkretes über Augenscheine oder ihre Funktions- und Verwendungskontexte. Zwar existiert dank Thomas Horst seit 2008 eine regionale Gesamtschau über die Altkarten Altbayerns, weitere regionale sowie überregionale Studien fehlen jedoch. Diese Lücke konnte das Projekt „Der Blick auf die kleine Welt“ jedoch mit einer systematischen Erhebung und Erschließung für Hessen und Niedersachsen (bis 1650) schließen.
Die vorhandene Materialbasis soll nun genutzt werden, um den Transformationsprozess vom Augenzeugen zum Augenschein zu untersuchen. Als Untersuchungsraum wurde für das Teilprojekt dazu der hessische Raum gewählt. Räumlich orientiert sich das Projekt damit an den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Territorien. Der Zeitrahmen konzentriert sich auf die Frühphase der regionalen Kartographie von 1500 bis 1575, da diese durch offene Funktionsvielfalt und noch unentschiedene Gestaltung der Karten gekennzeichnet ist. Regional sollen die bildlichen Raumerfassungen früher handgezeichneter Karten mit den in den Akten parallel überlieferten Zeugenaussagen verglichen werden. Dieser Vergleich ermöglicht eine neue historische Annährung an das neue Medium Regionalkarte aus zeitgenössischer Perspektive.
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zugehörige Publikationen
- Daniel Kaune, Der Blick auf die kleine Welt – Frühe, handgezeichnete regionale Landkarten zwischen Mimesis und Metrik, in: Archivnachrichten aus Hessen (hrsg. vom Hessisches Landesarchiv in Zusammenarbeit mit dem Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.) Nr. 16/2 (2016), S. 58-60. [PDF]
- Daniel Kaune, Augenzeugen und Augenschein im Prozess – Ein Zeugenverhör-Rotulus des Reichskammergerichts im Spiegel seiner Augenschein-Karte (Gelnhausen gegen Graf Anton von Isenburg 1553-1555), in: Stephan Laux / Maike Schmidt (Hrsg.), Grenzraum und Repräsentation. Perspektiven auf Raumvorstellungen und Grenzkonzepte in der Vormoderne (Trierer historische Forschungen Bd. 74), Trier 2019, S. 85-98. [LESEPROBE]
- Daniel Kaune, Text und Bild vor Gericht. Die Beweiskraft von Augenscheinkarten, in: Katrin Marx-Jaskulski / Annegret Wenz-Haubfleisch (Hrsg.), Pragmatische Visualisierung. Herrschaft, Recht und Alltag in Verwaltungskarten (Schriften des Hessischen Staatsarchivs Marburg 38), Marburg 2020, S. 105-130.[LESEPROBE]
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assoziierte Veröffentlichungen
- Michael Rothmann, „Damit aber wir sovil besser hinder die sach kommen.“ Zentrum und Peripherie - Das Rechnungswesen der Landgrafen von Hessen und der Grafen von Isenburg im Übergang vom 15. und 16. Jahrhundert, in: Gerhard Fouquet u.a. (Hg.), Adel und Zahl (Pforzheimer Gespräche 1), Ubstadt 2000, S. 42-78.
- Michael Rothmann, Zur regionalen Identität einer Durchgangslandschaft. Nordhessen in der mittelalterlichen Wirtschaft, in: Ingrid Baumgärtner / Winfried Schich (Hgg.), Nordhessen im Mittelalter, Problem von Identität und überregionaler Integration, Marburg 2001, S. 213-230.
- Michael Rothmann, Marktnetze und Netzwerke im spätmittelalterlichen oberdeutschen Wirtschaftsraum, in: Gerhard Fouquet / Hans-Jörg Gilomen (Hg.), Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalter (Vorträge und Forschungen LXXII), Ostfildern 2010, S. 135-188.
- Arnd Reitemeier / Uwe Ohainski (Hg.), Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574. Der Atlas des Gottfried Mascop, Bielefeld 2012.
- Arnd Reitemeier, Georg III. als "entfernter" Herrscher über Kurhannover. Kommunikation und Administration mittels Karten?, in: Steffen Hölscher / Sune Erik Schlitte (Hg.), Kommunikation im Zeitalter der Personalunion (1714-1837). Prozesse, Praktiken, Akteure, Göttingen 2014, S. 79-101.
- Evelien Timpener, Die Karte als Argument? Bildliche Darstellungen von territorialen Verhältnissen in Reichskammergerichtsprozessen zwischen Frankfurt und Hanau-Münzenberg im 16. Jahrhundert, in: Mathias Kälble/Helge Wittmann (Hg.), Reichsstadt als Argument (Studien zur Reichsstadtgeschichte 6), Petersberg 2019, S. 195-219.
- Evelien Timpener, „Einem das Wasser abgraben“. Regionalkarten bei Rechtsstreitigkeiten zur Wasserregulierung, in: Dies. / Anette Baumann / Sabine Schmolinsky (Hg.), Raum und Recht. Visualisierung von Rechtsansprüchen in der Vormoderne, Berlin/ Boston 2020, S. 11-28.
- Frank Berger / Sabine Hynek / Peter Maresch / Michael Rothmann / Felicitas Schmieder, Frankfurt und Umgebung auf historischen Karten, Frankfurt 2020.
- Evelien Timpener, In Augenschein genommen. Hessische Lokal- und Regionalkartographie in Text und Bild (1500-1575) (bibliothek altes Reich Bd. 38), Berlin 2022 .
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in Vorbereitung (Drafts)
- Michael Rothmann / Felicitas Schmieder, Die Entstehung der regionalen Kartographie (Orbis Terrarum, hrsg. von Patrick Gautier Dalche), Tagung 2012 [in Vorbereitung].
- Daniel Kaune, Vom Grenzstein zum Augenschein – Von der Essenz und Relevanz eines Kartentypus (kartographiehistorische Entwicklungen im Spätmittelalter am Beispiel der ‚Prozesskarten‘ des Reichskammergerichts), in: [in Vorbereitung] Stefanie von Welser / Michael Rothmann (Hg.), Kartographie im Zeitalter der Welser und Fugger ("IV. Neunhofer Dialog"), vorraus. 2020 [eingereicht, 35 Manuskriptseiten].